Das Gebiet um Chemnitz ist eine der traditionsreichsten Textilregionen Deutschlands. Auch wenn heute nicht mehr viele Firmen hier produzieren, ist das Erbe noch deutlich erkennbar. So finden sich hier zahlreiche Museen mit textilem Charakter. Wir besuchen im heutigen Blogbeitrag das Textil- und Rennsportmuseum in Hohenstein-Ernstthal.

Textil und Rennsport Museum in Hohenstein Ernstthal im Erzgebirge  - Industriekultur
Im Textil und Rennsport Museum in Hohenstein Ernstthal

Textil- und Rennsportmuseum in Hohenstein-Ernstthal

Auch wenn die Kombination Textil- und Rennsportmuseum etwas ungewöhnlich klingt, macht sie trotzdem Sinn, denn sie verbindet zwei prägende Elemente der Stadt: Die Textilindustrie und den Rennsport. Der legendäre Sachsenring befindet sich in unmittelbarer Nähe der Stadt.

Textil und Rennsport Museum in Hohenstein Ernstthal im Erzgebirge  - Industriekultur
Die Vorderseite des Museums

Das Textil- und Rennsportmuseum in Hohenstein-Ernstthal ist im ehemaligen Fabrikgebäude der Textilfirma C.F. Jäckel beheimatet. 1879 übernimmt Carl Ferdinand Jäckel das Gebäude in der Nähe des Bahnhofs vom Vorbesitzer August Aurich, der hier eine Seidenbandweberei betrieb. Jäckel erweiterte das Haus und webt hier seine beliebten Bett-, Tisch- und Diwandecken.

Textil und Rennsport Museum in Hohenstein Ernstthal im Erzgebirge  - Industriekultur
Der Eingang befindet sich im Innenhof

Später, zu DDR-Zeiten, war im Haus ein Teil des VEB Möbelstoff- und Plüschwerke Hohenstein-Ernstthal untergebracht. Wie zahlreiche andere Betriebe überlebte auch dieser die Wende nicht. 1991 wurde die Produktion eingestellt und ein Jahre später wurde die Firma an die Erben der Firma C.F. Jäckel rückübertragen. Da diese den Firmenbetrieb nicht fortführten, entschied sich die Stadt 1994 zum Ankauf des Gebäudes, um hier ein Museum aufzubauen.

Textil und Rennsport Museum in Hohenstein Ernstthal im Erzgebirge  - Industriekultur
Blick in den Jaquardwebsaal

Am 26. Mai 1995 konnte die Eröffnung des Textil- und Heimatmuseums gefeiert werden. Im Jahr 2000 erfolgte eine Erweiterung der Ausstellung um das Thema Rennsport und den Sachsenring. Seit diesem Zeitpunkt trägt das Museum auch den Namen Textil- und Rennsportmuseum.

Textil und Rennsport Museum in Hohenstein Ernstthal im Erzgebirge  - Industriekultur
Die Geschichte der Strumpfwirkerei in Oberlungwitz, heute ein Stadtteil von Hohenstein-Ernstthal


Hohenstein-Ernstthal war gemeinsam mit dem Nahe gelegenen Limbach-Oberfrohna das Zentrum der Strumpfwirkerei, aber der Ort war auch bekannt für seine „Hohensteiner Deckenweber“. Beiden textilen Produktionsweisen wird im Museum jeweils eine Etage gewidmet.

Wie kam die Wirkerei nach Hohenstein-Ernstthal?

1589 entwicklte der Engländer William Lee eine Maschine zum Wirken von Strümpfen – den sogenannten Strumpfwirkstuhl. In England sah man allerdings nicht den Nutzen seiner Erfindung und er ging damit nach Frankreich. Dort stieß er auf offene Ohren und Frankreich entwickelte sich mit seiner Hilfe zum Zentrum der Strumpfwirkerei. 1685 wurden in Folge der Protestantenverfolgung die Hugenotten aus Frankreich ausgewiesen. Unter ihnen waren zahlreiche Strumpfwirker. Sie ließen sich in Sachsen, Thüringen und Würtemberg nieder und brachten ihr Handwerk in die Regionen. Bis Anfang des 18. Jahrhunderts entwickelte sich die Strumpfwirkerei rasch.

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verschiedene Strümpfe aus Hohenstein-Ernstthal

Zusätzlich gab es eine Verschiebung bei den Wirtschaftszweigen. Hohenstein-Ernstthal war ursprünglich durch den Silberbergbau geprägt, doch als die Ausbeute in den Bergen nachließ, wurden viele ehemalige Bergleute zu Wirkern und schnell wurde die Textilindustrie zum wichtigsten Wirtschaftszweig.

Wirkwaren

In der ersten Etage dreht sich alles um die Wirkwaren und ihre Herstellung. An verschiedenen Maschinen wird die Produktion der Strümpfe und Strumpfhosen lebendig und der Besucher kann nachvollziehen, welche Arbeitsschritte beim Fertigen einer Strumpfhose nötig sind.

Textil und Rennsport Museum in Hohenstein Ernstthal im Erzgebirge  - Industriekultur
An diesen Wirkmaschinen entstehen unter anderem die Rohlinge für Strumpfhosen
Textil und Rennsport Museum in Hohenstein Ernstthal im Erzgebirge  - Industriekultur

Ein Teil der Ausstellung wird dem Thema Malimo gewidmet: Malimo ist der Name für ein Wirkfabrikat, aber auch für das Wirkverfahren selbst. Entwickelt wurde es von Heinrich MAuersberger aus LIMbach- Oberfrohna. So kam es dann auch zu seinem Namen. Wirkwaren konnten mit dem neuen Verfahren viel schneller und effizienter produziert werden und es bot zahlreiche Variationsmöglichkeiten.

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Malimo – Produkte und Stoffe

Zusätzlich werden in dem Raum verschiedene Nähmaschinen und Nähtechniken gezeigt, die für das Zusammenfügen der unterschiedlichen Wirkwaren notwendig waren.

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Blick auf die unterschiedlichen Näh- und Strickmaschinen

In der ersten Etage erhält der Besucher außerdem anhand von hier produzierten Waren einen Einblick in Strumpf- und Unterwäschemode der verschiedenen Epochen. Bei einigen Sachen fällt die Schätzung des Alters wirklich schwer.

Textil und Rennsport Museum in Hohenstein Ernstthal im Erzgebirge  - Industriekultur - Strumpfherstellung
Die Geschichte der Strümpfe
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lange Zeit wurden sie aufwendig per Hand verziert. Entweder mit Stickerei oder mit einem Spitzeneinsatz

Die Jaquardweberei

In der zweiten Etage wird die Jaquardweberei wieder lebendig. An den noch funktionstüchtigen Maschinen bekommt der Besucher einen Eindruck von der Fertigung vom Entwurf bis hin zum fertigen Gewebe. An den Maschinen werden zum Beispiel Tischdecken, Wandteppiche oder Möbelbezugsstoffe gefertigt. Wenn die Webstühle laufen, hört man das Rattern noch auf der Straße.

Textil und Rennsport Museum in Hohenstein Ernstthal im Erzgebirge  - Industriekultur
Auf der Jaquardmaschine entsteht gerade ein Wandbild
Textil und Rennsport Museum in Hohenstein Ernstthal im Erzgebirge  - Industriekultur
An dieser Maschine werden einzelne Jaquardkarten zu einer fortlaufenden Karte zusammengebunden

Der Rennsport auf dem Sachsenring

In der dritten Etage kann der Besucher der Geschichte des Sachsenrings nachspüren. Die berühmte Rennstrecke wurde 1927 gegründet und der hier ausgetragene Motorrad Grand Prix war das Sportereignis der Region. Anhand von verschiedenen Motorrädern, Rennprogrammen, Pokalen und vielem mehr wird ein chronologisches Bild von der Rennstrecke gezeichnet.

Textil und Rennsport Museum in Hohenstein Ernstthal im Erzgebirge  - Industriekultur
Ausstellungsgestaltung entlang der Rennstrecke

Ein verbindendes Element zwischen den Textilen und dem Rennsport bilden die technischen Textilien, die ebenfalls in der dritten Etage in einem kleinen Raum präsentiert werden. Auch der moderne Rennsport ist ohne den Einsatz von technischen Textilien nicht vorstellbar. Einen kleinen Einblick gibt dieser Teil der Ausstellung.

Textil und Rennsport Museum in Hohenstein Ernstthal im Erzgebirge  - Industriekultur - Sachsenring
Flair des Sachsenrings

Ergänzt werden die Dauerausstellungen mit wechselnden Sonderausstellung mit überwiegend textilem Bezug.

Fazit

Das Textil- und Rennsportmuseum gibt auf ca. 1.400 qm einen interessanten Einblick in die zwei prägendsten Traditionen der Stadt. Es ist ein spannendes Museum am historischen Standort, das aufgrund seiner Vielfalt für jeden etwas bietet.

Textil und Rennsport Museum in Hohenstein Ernstthal im Erzgebirge  - Industriekultur
Schlauchstrickmaschine in der Funktionsweise einer Strickliesel

Übrigens: es gibt noch einen dritten Punkt, für den Hohenstein-Ernstthal bekannt ist: der berühmteste Sohn der Stadt ist Karl-May. Im zu Ehren wurde in seinem Geburtshaus ein Museum eingerichtet.

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Unterwäsche, die in Hohenstein-Ernstthal produziert wurde – verziert mit Plauener Spitze

Transparenzhinweis: Wir haben den Eintritt in das Museum selbst bezahlt und geben unsere eigene Meinung wieder. Dies ist ein rein redaktioneller Beitrag.

Textil- und Rennsportmuseum in Hohenstein-Ernstthal