Einer meiner Lieblingsorte in Leipzig ist das Grassimuseum, in dem sich auch das Museum für angewandte Kunst befindet. Hier werden unter anderem historischen Spitzen ausgestellt, denen ich mich im heutigen Blogbeitrag widmen möchte.
{Werbung, da Ortsnennung}
Das Grassimuseum in Leipzig mit dem Museum für angewandte Kunst
Franz Dominic Grassi, ein Leipziger Kaufmann italienischer Abstammung, vererbte der Stadt Leipzig 1880 einen nicht unerheblichen Betrag von 2 Millionen Mark, mit denen unterschiedliche Bauvorhaben realisiert werden konnten. So auch das Grassimuseum, das ursprünglich am Wilhelm-Leuschner-Platz, in der jetzigen Stadtbibliothek untergebracht war.
Schon bald war es allerdings zu klein und man plante einen Neubau im Stil der Neuen Sachlichkeit und des Art Deco am Johannisplatz. 1929 konnte das Grassimuseum eröffnet werden. Der Bau aus roten Porphyr ist von der Achse des Augustusplatzes schon weithin sichtbar. Besonders schön strahlt im Nachmittagslicht die Ananas auf dem Dach mit der Sonne um die Wette.
Auf ca. 5.000 m² können die Besucher die Dauerausstellungen „Antike bis Historismus“, „Asiatische Kunst“ und „Jugendstil bis Gegenwart“ sowie wechselnde Sonderausstellungen besuchen.
Historische Spitzen im Grassimuseum
Der Raum 15 des Bereiches von der „Antike bis Historismus“ gibt unter anderem einen Einblick in die Spitzensammlung des Museums. Sie sind aus der Zeit der Renaissance, des Barock und des Rokoko.
Schon der kleine Raum zeigt sehr schön, dass Spitze sehr unterschiedlich in ihren Ausprägungen ist. Denn der Name Spitze ist letztlich nur ein Sammelbegriff für ganz unterschiedliche Arten, deren Gemeinsamkeit ist, dass kleine Durchbrechungen einer Fläche ein Muster bilden. Es gibt z.B. gewebte Spitze, Klöppelspitze, gestickte Plauener Spitze, gehäkelte Spitze um nur einige Arten der Herstellung zu nennen.
Das Wort Spitze leitet sich vom althochdeutschen Wort spizza bzw. mittelhochdeutschem Wort spitze ab, was „in Zacken auslaufende Borte“ oder Garngeflecht bedeutete.
Den zeitlichen Ursprung kann man in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts datieren. In Italien ist zu dieser Zeit Reticella-Spitze entstanden. Diese Art der Spitze entsteht aus einem Leinengewebe. Es werden aus dem gewebten Stoff Fäden herausgezogen und die Stege werden mit einer Art Knopflochstich umstickt. Hieraus ist dann später die Nadelspitze entwickelt worden. Im Museum für angewandte Kunst findet sich ein sehr schönes Beispiel dieser Spitzenart.
Um 1700/1710 entwickelte sich die Klöppeltechnik, bei der einzelne Fäden durch Überkreuzen und Drehen eine Spitze bilden. In diese Zeit fällt auch das Aufkommen der Tüllspitze. Hierbei wird entweder in den Tüll direkt ein Muster eingearbeitet oder es wird ein Muster appliziert. Bis Mitte des 18. Jahrhunderts wurde Spitze nur in Handarbeitstechnik hergestellt. Auch der Tüll wurde bis zur Erfindung der ersten Bobinet-Maschine mühsam von Hand gewirkt und dann weiter mit Sticktechniken von Hand verziert. Spitze herzustellen war ein äußerst langwieriger Prozess. So stecken in einer Borte oft hunderte Stunden Handarbeit.
Spitze war überaus beliebt, egal ob als Besatz auf der Weißwäsche oder an der Kleidung. Aufgrund des hohen Preises war sie immer Ausdruck des Wohlstandes und der Distinktion. So finden sich auch in der Ausstellung in Leipzig große Manschetten oder Krawatten, die vom Wohlstand und Reichtum der vormaligen Besitzer zeugen.
Ein besonders aufwändiges und seltenes Stück ist der Kissenbesatz, der unterschiedliche Spitzenarten vereint. Die Spitze zeigt sehr schön, wie man durch Applizieren von einzelnen zuvor gefertigten Elementen aus Spitze zusätzlich eine Dreidimensionalität auf die flächige Spitze gebracht hat.
In der Ausstellung finden sich vorwiegend Beispiele für historische Spitzen aus Flandern, Italien und Frankreich.
Aber natürlich gibt es im Museum für angewandte Kunst in Leipzig noch viel mehr zu sehen. Schauen Sie unbedingt einmal vorbei. Mehr Informationen finden Sie auf der Homepage des Grassimuseums.
Weiterführende Beiträge über unterschiedliche Arten der Spitze
- Französische Spitzen aus Calais und Caudry mit Besuch in den jeweiligen Spitzenmuseen
- Wie entsteht Plauener Spitze?
- Herstellung einer klassischen Plauener Spitzendecke
Transparenzhinweis: Den Eintritt ins Museum haben wir selbst bezahlt. Den Beitrag schreiben wir aus eigenen Stücken, weil es uns im Museum immer wieder sehr gut gefällt.