Parallel zur Ausstellung „History in Fashion – 1500 Jahre Stickerei in der Mode“ im Grassimuseum in Leipzig wird ein sehr umfangreiches Rahmenprogramm geboten. Unter anderem fand am letzten Wochenende im Februar ein Workshop für Tambourstickerei statt. Und da wir an Stickereien und Sticktechniken jeglicher Art sehr interessiert sind, haben wir die Chance genutzt und die ersten Versuche in der Tambourstickerei unternommen.
Die Leiterin unseres Kurses war Emmanuelle Rapin – eine wirkliche Meisterin ihres Faches, die mit uns und sechs weiteren Kursteilnehmern mehr als geduldig war. Die Tambourstickerei oder auch Luneville Stickerei gibt es seit dem 18. Jahrhundert. Der Name Luneville stammt von der gleichnamigen französischen Stadt, da sich hier zahlreiche Sticker niedergelassen hatten. Tambour bezieht sich auf den runden Spannrahmen, der einem Tamburin ähnelt. Der Hauptunterschied zum normalen Sticken ist die Nadel. Die Stickerei wird mit einer Art kleinen Häkelnadel ausgeführt.
Gleich kann es losgehen. Vor uns liegt ein großer Spannrahmen mit Organza sowie eine Auswahl an Pailletten und verschiedenen Garnen, die freundlicherweise vom Garnhersteller Gunold zur Verfügung gestellt wurden.
Die Tambourstickerei eignet sich für alle Stoffarten. Allerdings ist für uns Anfänger der Organza die beste Wahl, da wir durch den transparenten Stoff die Bewegungen auf der Unterseite nachvollziehen können. Besonders, wenn wir im zweiten Schritt mit Pailletten arbeiten.
Nach einer kurzen Einführung von Emmanuelle Rapin geht es los mit den ersten eigenen Versuchen. Die Nadel wird von oben durch den Stoff gestochen und nun wird der unten liegende Faden mit dem Haken an der Nadel aufgenommen und wieder nach oben gezogen. Es ist quasi so, als würde man durch den Stoff hindurchhäkeln.
Der Faden wird nirgends eingefädelt und kommt als Endlosfaden von der Rolle. Für den ungeübten Tamboursticker ist es gar nicht so einfach, die Nadel wieder durch den Stoff zu ziehen, ohne gleich ein größeres Loch zu hinterlassen. Hat man mehrere Stiche geschafft, entsteht eine Schlaufenreihe durch den Kettstich. Der große Nachteil des Kettstiches ist, dass man bei einer kleinen Unachtsamkeit durch das Verlieren der Schlaufe durch die Fadenspannung an der unteren Hand gleich mehrere Stiche wieder ungewollt auftrennt.
Nach den ersten Stichversuchen probierten wir uns an den unterschiedlichen Garnen. Die Stärke des Garnes verändert noch einmal die Verarbeitung enorm. Dickeres Garn war für mich schwieriger zu verarbeiten als dünnes.
Die nächste Steigerung war das Aufbringen von Perlen und Pailletten. Dazu haben wir unseren Rahmen gedreht, denn die Perlen und Pailletten werden wie der Faden von unten verstickt. Da sie aber auf der Oberseite befestigt werden, muss praktisch auf der Unterseite blind gearbeitet werden Auch hier war der Organza von Vorteil, so konnten wir die Perlen auch sehen und nicht nur fühlen.
Langsam nahm das Muster Gestalt an. Aber wirklich nur langsam.
Es freut mich sehr, dass ich die Technik selbst einmal probieren konnte. Gerade auch weil sie in Sachsen einmal weit verbreitet war. So brachte Clara Angermann 1775 die Tambourstickerei nach Eibenstock. Sie entwickelte sich hier zu einem wichtigen Wirtschaftszweig. Mehr darüber erfährt man im Stickereimuseum in Eibenstock.
Eine Hochphase hatte diese Form des Kunststickens in den 1920er Jahren, als Pailletten- und Perlenstickereien sehr beliebt waren. Heute findet die Tambourstickerei vorwiegend bei Haute Couture Labels Verwendung, die die Einzelstücke immer noch von Hand besticken.
Fazit
Ein kurzer Workshop macht bei der Tambourstickerei noch lang keinen Meister. Mir wurde deutlich, warum TambourstickerInnen in der Haute Couture mindestens ein Jahr lang üben müssen, bevor sie ein richtiges Stück besticken dürfen. Aber es hat sehr viel Spaß gemacht und war eine völlig neue Erfahrung.
Wenn man die Kunst richtig beherrscht, kommt man mit der Tambourstickerei schneller voran, als mit der normalen Stickerei, gerade auch, weil das beständige Einfädelns des Faden wegfällt. Aber dafür brauche ich noch viel mehr Übung. Der Workshop war ideal, um einen kurzen Einblick zu bekommen. Um es zu festigen, benötigt man noch mehr Zeit. Wir haben durch Emmanuelle Rapin einen spannenden Einblick in eine gerade in Deutschland recht unbekannte Form des Stickens erhalten. Vielen Dank dafür.
Transparenzhinweis: Wir haben alle Kosten rund um den Workshop selbst getragen und berichten hier in einem redaktionellen Beitrag, der eigens unsere Meinung wiederspiegelt.