Am 14.07.2017 fand im Rahmen der Jahresausstellung der Studenten der Burg Giebichenstein die traditionelle Werkschau der Modeklassen im ausverkauften Volkspark statt. Es freut uns besonders, dass bei den Semesterarbeiten, die unter dem Motto „Tracht versus Mode“ standen, unsere Spitze Verwendung fand.
Tracht vs. Mode | Thema der Werkschau der Modeklassen
Der Abend begann mit dem 3. Studienjahr, das sich mit dem Thema „Heimat – der innere Exotismus“ beschäftigte.
Ziel war es, eine Tracht aus dem deutschsprachigen Raum neu zu interpretieren oder zu abstrahieren. Dabei sollten sich die Studenten auf drei Farben beschränken. In diesem Studienjahr fand die Plauener Spitze der Modespitze Verwendung. Die Studenten waren völlig frei in der Verwendung und konnten sie als Spitze verwenden oder die Spitze verfremden – zum Beispiel einfärben oder auch imitieren.
Die Spitze wurde kleinteilig mit ganz unterschiedlichen Akzenten verwendet. Und wir haben auch eine sehr spannende Umsetzung des Viviana-Musters als Druck gesehen.
Es gab dabei ganz unterschiedliche Interpretationen von Tracht zu bewundern. Von verwandelter „Arbeitskleidung“ (Johanna Frahm) über Kleider, die mich teilweise an sorbische Trachten erinnerten (Jungeung Yang & Yonghak Jo (Schmuck)) bis hin zu mystisch angehauchten Umhüllungen von Magdalene Neynaber, bei denen ich, nicht zuletzt durch die Lampen, an die traditionellen Weihnachtsfiguren aus dem Erzgebirge – Bergmann und Engel – denken musste.
Von Blumenmustern, Ornamenten und Spitze
Das zweite Studienjahr begab sich auf eine Reise nach Osten: „Matrjoschka und russische Folklore“ standen hierbei im Mittelpunkt.
Jeweils in Zweierarbeit wurden Modekollektionen entwickelt, die als Ausgangspunkt die Figur der Matrjoschka hatten. Dekorative Flächengestaltung stand dabei im Mittelpunkt und dabei durfte Stickerei und Spitze nicht fehlen.
Auch hier waren die Interpretationen sehr mannigfaltig. Besonders die Imitation von Spitze durch gelaserten Fleece hat mir gut gefallen.
Carla Herrig und Pia Haydn imitieren nicht nur die Spitze, sondern sie bilden auch die klassische Form der Matrjoschka nach.
Aber auch die ganz klassisch in rot gehaltene Kollektion krest’yanstvo von Sarah Born und Denise Mailand, mit gedruckten Ornamenten, bzw. eine Kollektion, die stark an den russischen Trachten orientiert war, hatte ihren ganz besonderes Reiz.
Da platzt die Eisbombe
Besonders spannend und einfallsreich sind Jahr für Jahr die Aufgaben für das erste Studienjahr. Fürst Pücklers Eisbombe bildete die Grundlage für spektakuläre Objekte, die weder Stoff noch Nähte enthalten durften. Entstanden sind unwahrscheinlich kreative Eisträume. Und wann läuft schon einmal eine Eiswaffeln an einem vorbei.
Master- und Bachelorkollektionen
Im nächsten Teil konnte das Publikum die Master- und Bachelorkollektionen bewundern. Aus den zahlreichen überaus gelungenen Kollektionen möchte ich exemplarisch nur einige wenige zeigen.
Hüseyin Özer hat mich dabei am meisten begeistert. Er kam als Austauschstudent aus Istanbul an die Burg. Er studierte erst Textildesign, was man auch in seiner Kollektion sieht. Von den Schuhen bis zum Stoff hat er in seiner Kollektion alles selbst gemacht. Die Stoffe entstanden aus Collagen von Stoffresten, die mittels Digitaldruck vervielfältigt wurden.
Seine Kollektion Outlier bildet einen Gegenentwurf zu den sozialen Medien, in denen jeder alles von sich Preis gibt und sich zeigt.
Aber auch Kaur Hensel mit seiner „Suche nach dem Ots“ zeigte eine herausragende Leistung. Hier war es schön, die Werke am nächsten Tag noch einmal aus nächster Nähe betrachten zu können, denn die unwahrscheinliche handwerkliche Fähigkeit der Kollektion zeigt sich erst richtig beim genauen Hinsehen.
Kleine Kritik zum Schluß
Damit bin ich auch schon am Ende und an einem Kritikpunkt der Werkschau. Gerade weil die Plätze so stark limitiert sind und die am Freitagabend stattfindende Modenschau immer ausverkauft ist, finde ich es schade, dass es Sonnabend und Sonntag zur Jahresausstellung nur einzelne Werke noch einmal aus der Nähe zu bewundern waren. Nur wenige Bachelorarbeiten und die Arbeiten des zweiten Studienjahres waren ausgestellt. Hier war es besonders schön zu sehen, wie sich die Studenten dem Thema genähert und sich sodann an den Modellen abgearbeitet haben.
Schade, dass dies nicht für alle Studienjahre so war. Aber vielleicht ja im nächstes Jahr …
In jedem Fall war die Werkschau der Modeklassen wieder ein ganz besonderes Erlebnis. Die Tragbarkeit der Kollektionen ist nicht das entscheidende Kriterium, vielmehr setzt die Kreativität des Designs den Maßstab, an dem die Studenten gemessen werden. Und da kann man einmal mehr sagen, dass die künstlerische und gestalterische Konzeption des Abend mehr als gelungen war. Eine großes Dankeschön!
Und wer noch mehr über Trachten in Deutschland erfahren möchten, dem sei unsere Artikel über das interessante Buch „Trachten“ von Gregor Hohenberg ans Herz gelegt.