„Ein gewaltiger Tannenbaum, der fast bis zur Decke reichte“ – so beschreibt Thomas Mann den Weihnachtsbaum bei den Buddenbrooks. Nun ganz so groß ist unser Tannenbaum nicht, aber auch er erstrahlt als leuchtender und glitzernder Mittelpunkt im Raum.

Der Tannenbaum ist mit kleinen Sternen aus Spitze geschmückt
Das Bäumchen ist mit kleinen Sternen aus Spitze geschmückt

Unser Tannenbaum

In diesem Jahr ist unser Bäumchen mit vielen kleinen Schneesternen aus Spitze und einigen kleinen Zuckermännle behängt und sieht so ganz in grün und weiß wunderbar winterlich aus. Die Spitzensterne sind außerdem perfekt, wenn man einen wilden Kater im Haus hat – sie können nicht kaputt gehen, wenn der Kater mal wieder meint, den Baum erklimmen zu wollen.

Das Märchen von Hans Christian Andersen

Die schönste, wenn auch traurige Geschichte über den Tannenbaum haben wir Hans Christian Andersen zu verdanken. Der Tannenbaum ist ein wunderbares Märchen, das von vier Etappen im Lebens des kleinen Bäumchen erzählt, von seinen Wünschen und davon, dass er nie Freude an seinem gegenwärtigen Leben findet weil er immer Dingen nachjagt, die er nicht erreichen kann.

Märchen: Der Tannenbaum vom Hans Christian Andersen
Der Tannenbaum – als Märchen als Anhänger

Aber bevor unser Märchen beginnt, haben wir noch eine kleine Überraschung: von Freitag, den 18.12. bis Sonntag, den 20.12. erhalten Sie einen kleinen Tannenbaum zu Ihrer Bestellung im Online-Shop  unter www.modespitze.de dazu.

Der Tannenbaum

Draußen im Wald stand ein so niedlicher Tannenbaum. Er hatte einen guten Platz, Sonne konnte er bekommen, von Luft gab es genug, und ringsherum wuchsen viele größere Kameraden, sowohl Tannen wie Fichten. Aber der kleine Tannenbaum war so erpicht auf das Wachsen, er dachte nicht an die warme Sonne und die frische Luft, er kümmerte sich nicht um die Bauernkinder, die herumgingen und plauderten, wenn sie draußen waren, um Erdbeeren oder Himbeeren zu sammeln; oft kamen sie mit einem ganzen Topf voll, oder sie hatten Erdbeeren auf Grashalme aufgezogen, dann setzten sie sich zu dem kleinen Baum und sagten: „Nein, wie ist er niedlich klein!“ Das wollte der Baum gar nicht hören.

Im Jahr danach war er ein langes Ende höher und im Jahr danach wieder um ein noch viel längeres; denn bei einem Tannenbaum kann man immer nach der Zahl der Glieder, die er hat, sehen, wie viele Jahre er gewachsen ist.

„Oh, wäre ich doch solch ein großer Baum wie die andern!“ seufzte der kleine Baum, „dann könnte ich meine Zweige so weit im Umkreis ausbreiten und mit dem Wipfel in die weite Welt hinaussehen! Die Vögel würden dann Nester zwischen meinen Zweigen bauen, und wenn der Wind wehte, könnte ich so vornehm nicken wie die andern dort!“

Er hatte gar kein Vergnügen am Sonnenschein, an den Vögeln oder an den roten Wolken, die morgens und abends darüber hinsegelten.

War es nun Winter und der Schnee ringsum lag funkelnd weiß, dann kam oft ein Hase gesprungen und setzte über den kleinen Baum hinweg, – oh, das war so ärgerlich! – Aber zwei Winter vergingen, und im dritten war der Baum so groß, daß der Hase um ihn herumgehen mußte. Oh, wachsen, wachsen, groß und alt werden, das war doch das einzig Schöne in dieser Welt, dachte der Baum.

Im Herbst kamen immer Holzhauer und fällten einige der größten Bäume; das geschah jedes Jahr, und der junge Tannenbaum, der nun ganz gut gewachsen war, zitterte dabei, denn die großen prächtigen Bäume fielen mit einem Knacken und Krachen zur Erde; die Äste wurden abgehauen, sie sahen ganz nackt, lang und schmal aus; sie waren beinahe nicht zu kennen, aber dann wurden sie auf Wagen gelegt, und Pferde zogen sie fort aus dem Wald.

Märchen: Der Tannenbaum vom Hans Christian Andersen
Die Märchen von Hans Christian Andersen

Wo sollten sie hin? Was stand ihnen bevor?

Im Frühling, als die Schwalbe und der Storch kamen, fragte der Baum sie: „Wißt Ihr nicht, wo sie hingeführt wurden? Seid Ihr ihnen begegnet?“

Die Schwalben wußten nichts, aber der Storch sah nachdenklich aus, nickte mit dem Kopfe und sagte: „Ja, ich glaube wohl! Ich begegnete manchem neuen Schiff, als ich von Ägypten herflog; auf den Schiffen waren prächtige Mastbäume; ich darf sagen, daß sie es waren, sie rochen nach Tanne; ich kann vielmals grüßen, sie ragen auf, sie ragen!“

„Oh, wäre ich doch auch groß genug, um über das Meer hinzufliegen. Wie ist es eigentlich, dieses Meer, und wem gleicht es?“

„Ja, das ist zu weitläufig zu erklären!“ sagte der Storch, und dann ging er.

„Freue dich an deiner Jugend!“ sagten die Sonnenstrahlen, „freue dich an deinem frischen Wachstum, an dem jungen Leben, das in dir ist!“

Und der Wind küßte den Baum, und der Tau weinte Tränen auf ihn, aber das verstand der Tannenbaum nicht.

Wenn die Weihnachtszeit kam, dann wurden ganz junge Bäume gefällt, Bäume, die nicht einmal so groß oder in einem Alter mit diesem Tannenbaum waren, der weder Rast noch Ruhe fand, sondern immer fort wollte; diese jungen Bäume, und es waren gerade die allerschönsten, behielten immer ihre Zweige, sie wurden auf die Wagen gelegt, und Pferde zogen sie fort aus dem Wald.

Weihnachtsbäume
Da stehen die kleinen Bäume und warten darauf, geschmückt zu werden

„Wohin sollen sie?“ fragte der Tannenbaum. „Sie sind nicht größer als ich, da war sogar einer, der viel kleiner war; weshalb behielten sie alle ihre Zweige? Wo fuhren sie hin?“

„Das wissen wir! Das wissen wir!“ zwitscherten die Sperlinge. „Wir haben unten in der Stadt in die Fenster geguckt ! Wir wissen, wo sie hinfahren! Oh, sie kommen zu dem größten Glanz und der größten Herrlichkeit, die man denken kann! Wir haben bei den Fenstern hineingeguckt und gesehen, daß sie mitten in die warme Stube gepflanzt und mit den schönsten Dingen geputzt wurden, mit vergoldeten Äpfeln, Honigkuchen, Spielzeug und vielen hundert Lichtern!“

„Und dann – ?“ fragte der Tannenbaum und zitterte an allen Zweigen. „Und dann? Was geschah dann?“

„Ja, mehr haben wir nicht gesehen! Das war unvergleichlich!“

„Wenn ich nun dazu geworden bin, um diesen strahlenden Weg zu gehen!“ jubelte der Baum. „Das ist noch besser, als über das Meer zu fahren! Wie ich mich sehne! Wäre es doch Weihnachten! Nun bin ich hoch und breit wie die andern, die im letzten Jahr fortgefahren wurden! – Oh, wäre ich schon auf dem Wagen! Wäre ich doch in der warmen Stube mit all der Pracht und Herrlichkeit! Und dann -? Ja, dann kommt etwas noch Besseres, noch Schöneres, weshalb sollten sie mich sonst so schmücken! Da muß etwas noch Größeres, noch Herrlicheres kommen -! Aber was ? Oh, ich leide! Ich sehne mich! Ich weiß selbst nicht, was mit mir ist!“

„Freue dich mit mir!“ sagten die Luft und das Sonnenlicht; „freue dich an deiner frischen Jugend draußen im Freien!“

Aber er freute sich gar nicht; er wuchs und wuchs, Winter und Sommer stand er grün, dunkelgrün stand er; die Leute, die ihn sahen, sagten: „Das ist ein schöner Baum!“ Und zur Weihnachtszeit wurde er als erster von allen gefällt. Die Axt traf tief hinein durch das Mark, der Baum fiel mit einem Seufzer hin zur Erde, er fühlte einen Schmerz, eine Ohnmacht, er konnte gar nicht an irgendein Glück denken; er war betrübt, sich von der Heimat zu trennen, von dem Fleck, wo er aufgewachsen war. Er wußte ja, daß er nie mehr die lieben alten Kameraden sehen würde, die kleinen Büsche und Blumen ringsum, ja, vielleicht nicht einmal die Vögel. Die Abreise war gar nicht behaglich.

Der Baum kam erst zu sich, als er im Hof, mit den andern Bäumen abgepackt, einen Mann sagen hörte: „Der ist prächtig! Wir brauchen keinen anderen!“

Nun kamen zwei Diener in vollem Staat und trugen den Tannenbaum in einen großen schönen Saal hinein. Ringsum an den Wänden hingen Porträts und auf dem großen Kachelofen standen große chinesische Vasen mit Löwen auf den Deckeln; da waren Schaukelstühle, Seidensofas, große Tische voll von Bilderbüchern und mit Spielzeug für hundert mal hundert Reichstaler – wenigstens sagten die Kinder das. Und der Tannenbaum wurde in ein großes Faß voll Sand gestellt, aber niemand konnte sehen, daß es ein Faß war, denn es wurde rundherum mit grünem Zeug behängt und es stand auf einem großen bunten Teppich. Oh, wie der Baum bebte! Was würde noch geschehen? Sowohl Diener wie Fräuleins gingen und schmückten ihn. Auf die Zweige hängten sie kleine Netze, ausgeschnitten aus buntem Papier, jedes Netz war mit Zuckerzeug gefüllt; vergoldete Äpfel und Walnüsse hingen, als wären sie festgewachsen, und über hundert rote, blaue und weiße Lichtchen wurden an den Zweigen festgesteckt. Puppen, die leibhaftig wie Menschen aussahen – der Baum hatte so etwas nie zuvor gesehen -, schwebten in dem Grünen, und ganz zuoberst in den Wipfel wurde ein großer Stern aus Flittergold gesetzt; das war prächtig, unvergleichlich prächtig.

Der Tannembaum erstrahlt mit Spitzensternen und Zuckemännle
Unser Baum erstrahlt mit Spitzensternen und Zuckemännle

„Heute abend,“ sagten sie alle, „heute abend soll er strahlen!“

„Oh!“ dachte der Baum, „wäre es doch Abend! wären nur die Lichter bald angezündet! Oh, was wohl dann geschieht? Ob dann die Bäume aus dem Walde kommen und mich ansehen? Ob die Sperlinge gegen die Scheiben fliegen? Ob ich hier festwachse und Winter und Sommer geschmückt stehe?“

Ja, der wußte gut Bescheid; aber er hatte nun ordentlich Rindenweh vor Sehnsucht, und Rindenweh ist ebenso schlimm für einen Baum, wie Kopfweh für uns andere!

Nun wurden die Lichte angezündet. Welcher Glanz, welche Pracht! Der Baum zitterte an allen Zweigen dabei, so daß eines der Lichte das Grüne ansteckte; er schwitzte ordentlich.

„Gott bewahre uns!“ schrien die Fräuleins und löschten das Feuer schnell.

Nun durfte der Baum nicht einmal beben. Oh, das war ein Grauen! Er war so bange davor, etwas von all seinem Staat zu verlieren; er war ganz verwirrt von all dem Glanz -und nun gingen beide Flügeltüren auf und eine Menge Kinder stürzte herein, als wollten sie den ganzen Baum umreißen; die älteren Leute kamen besinnlich hinterher. Die Kleinen standen ganz still, aber nur einen Augenblick, dann jubelten sie wieder, so daß es hallte; sie tanzten rund um den Baum, und ein Geschenk nach dem andern wurde abgepflückt.

„Was tun sie nur?“ dachte der Baum. „Was soll da geschehen?“ Und die Lichte brannten bis auf die Zweige herab, und nachdem sie herabgebrannt waren, löschte man sie aus, und dann erhielten die Kinder Erlaubnis, den Baum zu plündern. Oh, sie stürzten auf ihn ein, so daß es in allen Ästen knackte; wäre er nicht mit der Spitze und dem Goldstern an der Decke festgebunden gewesen, so wäre er umgestürzt.

Die Kinder tanzten herum mit ihrem prächtigen Spielzeug, keiner sah den Baum an, außer dem alten Kindermädchen, das hinging und zwischen die Zweige guckte, aber das war nur, um zu sehen, ob nicht noch eine Feige oder ein Apfel vergessen war.

„Eine Geschichte! Eine Geschichte!“ riefen die Kinder und zogen einen kleinen dicken Mann zum Baum hin, und er setzte sich grade darunter. „Denn dann sind wir im Grünen!“ sagte er, „und dem Baum kann es noch besonders gut tun mit zuzuhören; aber ich erzähle nur eine Geschichte. Wollt Ihr von Ivede-Avede hören oder von Klumpe-Dumpe, der die Treppen herabfiel und doch auf den Hochsitz kam und die Prinzessin kriegte?“

„Ivede-Avede!“ schrien einige, und „Klumpe-Dumpe!“ schrien andere. Es war ein Rufen und Schreien, nur der Tannenbaum schwieg ganz stille und dachte: „Soll ich gar nicht dabei sein, gar nichts tun?“ Er war ja dabei gewesen, hatte getan, was er tun sollte.

Und der Mann erzählte von „Klumpe-Dumpe“, der die Treppen herabfiel und doch in den Hochsitz kam und die Prinzessin erhielt. Und die Kinder klatschten in die Hände und riefen: „Erzähle! Erzähle!“ Sie wollten auch „Ivede-Avede“ haben, aber sie bekamen nur „Klumpe-Dumpe“ zu hören. Der Tannenbaum stand ganz still und gedankenvoll, niemals hatten die Vögel draußen im Wald so etwas erzählt. „Klumpe-Dumpe fiel die Treppen hinab und bekam doch die Prinzessin! Ja, ja! So geht es zu in der Welt!“ dachte der Tannenbaum und glaubte, daß es wahr sei, weil es ein so netter Mann war, der erzählte. „Ja! ja! Wer kann wissen! Vielleicht falle ich auch die Treppen hinab und bekomme eine Prinzessin!“ Und er freute sich auf den nächsten Tag, daß er wieder mit Eichten und Spielzeug, Gold und Früchten geschmückt werden solle.

„Morgen werde ich nicht zittern!“ dachte er. „Ich will mich recht all meiner Herrlichkeit erfreuen. Morgen werde ich wieder die Geschichte von ‚Klumpe-Dumpe‘ und vielleicht die von ‚Ivede-Avede‘ hören.“ Und der Baum stand still und gedankenvoll die ganze Nacht.

Am Morgen kamen Burschen und Mädchen herein.

„Nun beginnt der Staat wieder!“ dachte der Baum, aber sie schleppten ihn aus der Stube, die Treppen hinauf auf den Speicher und dort, in einer dunklen Ecke, wohin kein Tag schien, stellten sie ihn hin. „Was soll das bedeuten?“ dachte der Baum. „Was habe ich wohl hier zu tun? Was werde ich wohl zu hören bekommen?“ Und er lehnte sich gegen die Mauer und stand und dachte und dachte. – – Und gut Zeit hatte er, denn Tage und Nächte vergingen; keiner kam herauf, und als endlich jemand kam, war es, um einige große Kasten in die Ecke hinzustellen; der Baum stand ganz verborgen, man hätte glauben können, daß er rein vergessen war.

Märchen: Der Tannenbaum vom Hans Christian Andersen
Unser Anhänger aus Spitze

„Nun ist es Winter draußen!“ dachte der Baum. „Die Erde ist hart und mit Schnee bedeckt. Die Menschen können mich nicht einpflanzen; deshalb soll ich wohl hier im Schutz stehen bis zum Frühling! Wie ist das wohlbedacht! Wie sind die Menschen doch gut! – Wäre es hier nur nicht so dunkel und so schrecklich einsam! – Nicht einmal ein kleiner Hase! – Das war doch so hübsch draußen im Wald, wenn der Schnee lag und der Hase vorbeisprang; ja selbst, als er über mich hinwegsprang, aber das mochte ich damals nicht. Hier oben ist es doch schrecklich einsam.“

„Pi! Pi!“ sagte eine kleine Maus in diesem Augenblick und schlüpfte hervor; und dann kam noch eine kleine. Sie schnüffelten am Tannenbaum und glitten zwischen den Zweigen auf ihm herum.

„Es ist eine grausame Kälte!“ sagte die kleine Maus. „Sonst ist es hier herrlich zu sein! Nicht wahr, du alter Tannenbaum?“

„Ich bin gar nicht alt!“ sagte der Tannenbaum, „es gibt viele, die viel älter sind als ich!“

„Wo kommst du her?“ fragten die Mäuse, „und was weißt du?“ Sie waren so schrecklich neugierig. „Erzähl‘ uns doch von dem schönsten Ort der Welt! Bist du dort gewesen? Warst du in der Speisekammer, wo Käse auf den Brettern liegen und Schinken unter der Decke hängen, wo man auf Talglichten tanzt und mager hineinkommt und fett herausgeht?“

„Das kenne ich nicht!“ sagte der Baum, „aber den Wald kenne ich, wo die Sonne scheint und wo die Vögel singen!“ Und dann erzählte er alles von seiner Jugend, und die kleinen Mäuse hatten nie zuvor so etwas gehört, und sie hörten zu und sagten: „Nein, wie viel hast du gesehen! Wie glücklich warst du!“

„Ich!“ sagte der Tannenbaum und dachte über das, was er selbst erzählte: „Ja, es waren im Grunde ganz angenehme Zeiten!“ – aber dann erzählte er vom Weihnachtsabend, als er mit Kuchen und Lichten geschmückt worden war.

„Oh!“ sagten die kleinen Mäuse, „wie bist du glücklich gewesen, du alter Tannenbaum!“

„Ich bin gar nicht alt!“ sagte der Baum, „es war ja in diesem Winter, daß ich aus dem Wald gekommen bin! Ich bin in meinem allerbesten Alter, ich bin nur im Wachstum voraus!“

„Wie du schön erzählst!“ sagten die kleinen Mäuse, und nächste Nacht kamen sie mit vier anderen kleinen Mäusen, die den Baum erzählen hören sollten, und je mehr er erzählte, desto deutlicher erinnerte er sich selbst und dachte: „Es waren doch ganz vergnügte Zeiten! Aber sie können noch kommen! Sie können kommen! Klumpe-Dumpe fiel die Treppen hinab und bekam doch die Prinzessin, vielleicht kann ich auch eine Prinzessin bekommen!“ Und dann dachte der Tannenbaum an solch einen niedlichen Birkenbaum, der draußen im Walde wuchs, der war für den Tannenbaum eine wirkliche schöne Prinzessin.

„Wer ist Klumpe-Dumpe?“ fragten die kleinen Mäuse. Und da erzählte der Tannenbaum das ganze Märchen, er konnte sich jedes einzelnen Wortes erinnern; und die kleinen Mäuse waren bereit, auf die Spitze des Baumes zu springen vor lauter Vergnügen! Nächste Nacht kamen viel mehr Mäuse, und am Sonntag kamen auch zwei Ratten; aber sie sagten, daß die Geschichte nicht amüsant sei, und das betrübte die kleinen Mäuse, denn nun gefiel sie ihnen auch weniger.

„Können Sie nur die eine Geschichte?“ fragten die Ratten.

„Nur die eine!“ antwortete der Baum, „die hörte ich an meinem glücklichsten Abend, aber damals dachte ich gar nicht, wie glücklich ich war!“

„Das ist eine über die Maßen jämmerliche Geschichte! Kennen Sie keine mit Speck und Talglichten? Keine Speisekammergeschichten?“ „Nein!“ sagte der Baum.

„Ja, nun wollen wir Ihnen danken!“ sagten die Ratten und gingen hinweg zu den Ihren.

Die kleinen Mäuse blieben zuletzt auch fort, und dann seufzte der Baum: „Das war doch ganz hübsch, als sie um mich herumsaßen, die zappligen Mäuschen, und hörten, was ich erzählte! Nun ist das auch vorbei! – Aber ich werde daran denken, mich zu freuen, wenn ich nun wieder hervorgeholt werde!“

Aber wann geschah das? – Ja doch! es war an einem Morgen, da kamen Leute und räumten auf dem Speicher auf. Die Kasten wurden weggehoben, der Baum hervorgezogen; sie warfen ihn freilich etwas hart auf den Boden, aber gleich schleppte ein Bursche ihn zur Treppe hin, wo der Tag schien.

„Nun beginnt wieder das Leben!“ dachte der Baum; er fühlte die frische Luft, die ersten Sonnenstrahlen, – und nun war er draußen im Hof. Alles ging so schnell, der Baum vergaß ganz, sich selbst anzusehen, so viel war ringsum zu sehen. Der Hof stieß an einen Garten, und alles blühte darin; Rosen hingen da so frisch und duftend über das kleine Gitterwerk hinaus, und die Schwalben flogen umher und sagten: „Quirre-wirre-witt, mein Mann ist da!“ Aber es war nicht der Tannenbaum, den sie meinten.

„Nun werde ich leben!“ jubelte er und breitete seine Zweige weit aus; ach, sie waren alle vertrocknet und gelb; er war in der Ecke zwischen Unkraut und Nesseln, da lag er, der Goldpapierstern saß noch oben an der Spitze und schimmerte im hellsten Sonnenschein.

Im Hof spielten ein paar der lustigen Kinder, die zur Weihnachtszeit um den Baum getanzt hatten und über ihn so froh gewesen waren. Eines der Kleinsten eilte hin und riß den Goldstern ab.

„Seht, was da noch auf dem häßlichen alten Weihnachtsbaum sitzt!“ sagte es und trampelte auf den Zweigen, so daß sie unter seinen Stiefeln knackten.

Und der Baum sah auf all die Blumenpracht und Frische im Garten, er sah sich selbst an, und er wünschte, daß er in seiner dunklen Ecke auf dem Speicher geblieben wäre; er dachte an seine frische Jugend im Wald, an den lustigen Weihnachtsabend und an die kleinen Mäuse, die so froh die Geschichte von Klumpe-Dumpe gehört hatten.

„Vorbei! Vorbei!“ sagte der arme Baum. „Hätte ich mich doch gefreut, da ich es konnte! Vorbei! Vorbei!“

Und der Hausknecht kam und hackte den Baum in kleine Stücke, ein ganzer Bund lag da; prächtig flammte das auf unter dem großen Braukessel; und es seufzte so tief; jeder Seufzer war wie ein kleiner Schuß; deshalb liefen die Kinder, die spielten, herein und setzten sich vor das Feuer, sahen es an und riefen: „Piff! Paff!“ aber bei jedem Knall, der ein tiefer Seufzer war, dachte der Baum an einen Sommertag im Wald, an eine Winternacht draußen, wenn die Sterne leuchteten; er dachte an den Weihnachtsabend und Klumpe-Dumpe, das einzige Märchen, das er gehört hatte und zu erzählen wußte – und dann war der Baum ausgebrannt.

Die Jungen spielten im Hof, und der Kleinste hatte den Goldstern auf der Brust, den der Baum an seinem glücklichsten Abend getragen hatte. Nun war der vorbei, und der Baum war vorbei und die Geschichte auch! Vorbei, vorbei, und so geht es mit allen Geschichten!

Der Tannenbaum
Der Tannenbaum

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Türchen Nummer 18 – Der Tannenbaum
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