Wohl jede Firma, die Textilien herstellt, hat Musterbücher in ihren Archiven. Sie waren und sind unverzichtbar, denn auch in Zeiten der Digitalisierung kann kein Computer das haptischen Erlebnis des Stoffes ersetzen. Aber sie zeigen nicht nur die aktuellen Stoffe oder in unserem Fall Spitze. Sie sind auch gleichzeitig das Musterarchiv einer Firma.
In der aktuellen Sonderausstellung „Musterdarstellungen in der Stickerei“ gewährt die Schaustickerei Einblick in alte Musterbücher Plauener Stickereifirmen.
Zur Geschichte
Ein Musterbuch soll dazu dienen, hergestellte Materialien zu dokumentieren und somit auch reproduzierbar zu machen. So waren die ersten Musterbücher, von denen man weiß aus der Zeit der karolingischen und ottonischen Malerei im 10. Jahrhundert. Ornamente, Verzierungen, Dekore und Zeichen wurden festgehalten, um sie besser wiederholen zu können. Gleichzeitig wurden sie als Grundlage der Ausbildung genutzt.
Bis zu den Zeiten der Industrialisierung waren Die Musterbücher eine Art Vorbildersammlung, aus denen die Kunden sich z.B. für spezielle Schreinerarbeiten oder Malereien entscheiden konnten. Die Musterbücher waren die Vorläufer der Kataloge. Sie unterscheiden sich von den Skizzenbüchern, die in der Regel nicht für die Öffentlichkeit gedacht sind. In einem Skizzenbuch werden die reinen Musterentwürfe erfasst, d.h. das Vorstadium, bevor es zur Produktion kommt.
Musterbücher in der Textilindustrie
In der Textilindustrie spielen die Musterbücher bis heute eine große Rolle. Musterbücher oder Musterlaschen sind für Produzenten, aber auch für Kunden unverzichtbar. Während man vieles über gedruckte Kataloge abbilden kann, möchte man den Stoff doch lieber fühlen.
Auch heute noch wählt man im Möbelhaus den Stoff des neuen Sofas über Musterlaschen – die letztlich auch ein Musterbuch sind. Denn nur wenn man den Stoff auch im Original anfassen und begutachten kann, bekommt man letztlich auch ein Bild vom fertigen Erzeugnis. Erhalten hat sich die Tradition des Musterbuches außerdem bei Tapeten. Auch sie kann man aus großflächigen Büchern auswählen.
Unverzichtbar sind Musterbücher zudem für die Hersteller der Textilien. In große Bücher oder auf einzelne Karten werden Stoffproben geklebt und die wichtigsten Daten zur Reproduktion vermerkt. Das können z.B. Garnart, Stichzahl oder auch die Verwendung sein.
Jedes Muster bekommt seine eigene Nummer, so dass es jeder Zeit zuordenbar ist. Hier hat jede Firma ihre eigene Archivierungsmethode. Allerdings sind diese Bücher nicht mehr geeignet, um die Spitzen oder Stoffe an die Kunden zu verkaufen. Sie werden nur für Archivierungszwecke verwendet. Heute bekommt der interessierte Kunde Stoffproben oder Musterlaschen zugesandt, damit er sich ein präzises Bild von der Qualität machen kann.
Sonderausstellung in der Schaustickerei in Plauen
In der aktuellen Sonderausstellung der Schaustickerei in Plauen erhalten Sie einen Überblick über die verschiedenen Varianten der Musterbücher. Es gibt große und kleine Musterbücher, Musterkarten, Farbkarten und aktuelle Musterlaschen von verschiedenen Plauener Spitzenproduzenten zu bestaunen.
Auch von uns wurden einige Exponate beigesteuert. Ergänzt wird die Ausstellung durch informative Texte rund um die geschichtliche Entwicklung der Musterbücher, aber auch über die Entstehung der Kataloge.
Für uns sind auch heute noch die alten Musterbücher ein großer Quell der Inspiration. Gerade haben wir eine kleine Kollektion mit Kragen und Spitzen zum Jubiläum des Bauhauses aufgelegt. Ohne den Blick in alte Musterbücher wäre dies nicht möglich gewesen.
Wo?
- Schaustickerei Plauen
- Obstgartenweg 1
- 08529 Plauen
- Informationen zu den Öffnungszeiten auf der Homepage www.schaustickerei-plauen.de