Im Bahnhof in Leipzig sah ich schon vor Monaten das Plakat zur Klimt-Ausstellung im Kunstmuseum Moritzburg. Ich konnte es kaum erwarten und nun war es endlich soweit. Klimt ist angekommen. Vom 14.Oktober bis 06.Januar öffnet die Ausstellung ihre Türen für Besucher.
KLIMT – Eine Sensation im sachsen-anhaltinischen Halle
Dass die Klimt-Ausstellung in diesem Format in Halle realisiert werden konnte, gleicht einer Sensation. Nicht weniger als vier Jahre betrug die Vorbereitungszeit. Ursprünglich war sie als reine Zeichnungsausstellung geplant. Nun ist die Ausstellung die erste Retrospektive im Klimts in Deutschland. Denn es gelang, private und öffentliche Leihgeber zu überzeugen, auch Bilder zu präsentieren.
Die Bilder von Klimt gelten als besonders fragil und sie sind nur bedingt transportfähig. Trotzdem können nun in der Ausstellung 10 Bilder und 63 Zeichnungen gezeigt werden. Sie kommen aus sieben Ländern und 30 Institutionen – vom nahen Chemnitz über Wien, South Dakota, New York und Tokyo. Die Ausstellung schafft es auf einmalige Weise, die Wiener Moderne nach Halle zu holen.
Für die Ausstellung wurde extra ein neues Wand- und Lichtsystem installiert, dass die einzelnen Werke perfekt inszeniert. Die Werke Klimts sind sehr lichtempfindlich und vertragen nur 50 Lux, deshalb ist die Lichtgestaltung besonders wichtig. Die Werke hängen in gedimmten Räumen, ohne dass es zu dunkel ist.
Aus dem normalen White Cube, den man aus vielen Ausstellungsformaten kennt, ist in Halle ein stimmungsvoller Raum geworden, der durch verschiedene Farben und Lichtpunkte lebt. Die Bilder werden genau ins richtige Licht gesetzt. Die atmosphärischen Räume bereiten schon allein durch ihre gelungen Gestaltung mit einem goldenen Fries und dem gut gewählten Licht Freude.
Ein Triumph der Weiblichkeit
Die Ausstellung zeigt Klimts Wirken und seine künstlerische Entwicklung wie auf einem Zeitstrahl. Sie beginnt bei frühen zeichnerischen Arbeiten, die seine Detailverliebtheit und große Nähe zum Realismus zeigen. Eine der größten Überraschungen für mich ist das Bild seiner Schwester Klara aus dem Jahr 1880. In dem Bild zeigen sich noch stark die Maltraditionen des 19. Jahrhunderts.
Die besondere Wirkung des Bildes verdankt es nicht zuletzt der einzigartigen Hängung an einer dreieckigen Säule. Dem Bild seiner Schwester folgen weitere Frauenportraits. Sie zeugen von seiner großen Liebe zu Frauen. Er zeigt sie in ihrer Weiblichkeit und gleichzeitig in großer Stärke. Sie sind vollkommen bei sich und scheinen von innen zu leuchten. Sie sind schön im besten Sinne des Wortes.
Ein weiteres Highlight der Ausstellung ist das „Bildnis Marie Henneberg“ aus der eigenen Sammlung der Moritzburg. Es ist ein wunderbares Werk: Marie Henneberg erscheint in ihrem Kleid aus zarter Tüllspitze fast schwerelos. Ihre unwiderstehliche Wirkung strömt förmlich durch den Raum und scheint die Blicke aller sofort auf sich zu ziehen.
Aber fast interessanter finde ich die Studienbilder zum Bild. Vier Zeichnungen zeigen unterschiedliche Varianten. Einmal mit Blick nach rechts, dann nach links oder mit Hut. Die Zeichnungen lassen den Besucher anschaulich in die Entstehungsgeschichte des Bildes eintauchen. Generell zeigen die Zeichnungen sehr schön, wie Klimt am Bild arbeitet, wie sich das Bild in der Entstehung verändert, oder wie er am Detail arbeitet.
In einem weiteren Raum erhält der Besucher einen Einblick in die Villa Henneberg. Fotografien zeigen das „Bildnis Marie Henneberg“ inmitten der Einrichtung aus der „Wiener Werkstätte“. Gegenstände aus dem Haushalt machen den Raum lebendig und die Zeit greifbar.
Klimt portraitierte zahlreiche Frauen. Aber er malte nicht jede, sie mussten ihn faszinieren. Dies spiegelt sich auch in seinen Bildern wieder. Den genauso, wie die Frauen ihn begeisterten, begeistern die Bilder uns heute.
Und dabei spielte ihre Konfession bei seiner Entscheidung keine Rolle, denn auch in einer Zeit, in der der Antisemitismus gängig war, portraitierte er die Frauen des jüdischen Großbürgertums. Vielleicht auch ein Grund, warum Klimt bis in die 1980er Jahre nicht oft gezeigt wurde. Viele Bilder mussten während des Nationalsozialismus unter Druck weit unter Wert von ihren Besitzern verkauft werden.
Die Wiederentdeckung von Gustav Klimt
Erst Hans Hollein schafft es mit der Ausstellung „Traum und Wirklichkeit“ in Wien 1985 das Interesse wieder auf Klimt zu ziehen. Hinzu kommt, dass 1988 die Bildrechte auf seine Werke auslaufen. Es beginnt ein wahrhafter Boom von Klimt-Souvenirs, der bis heute nicht abflacht. Plakate, Magnete, Taschen und vieles mehr gibt es mit seinen Bilder zu kaufen. Besonders die Bilder der goldenen Phase, allen voran der Kuss wird fast überall verwendet. So ist es ganz wohltuend, dass die Schau in Halle einen anderen Blick auf Klimt zeigt. Denn Klimt ist weit mehr als der Kuss.
Weiter geht es in der Ausstellung mit Landschaftsbildern, die er weitgehend ohne Auftrag malte. Beendet wird der Rundgang mit den Spätwerken, die vom belgischen Symbolismus inspiriert sind. Ein wahres Highlight in diesem Raum sind die „Irrlichter“, die mit ihrem großen goldenen Rahmen ein glänzender Mittelpunkt im Raum darstellen. Auch hier begleiten Zeichnungen die Entstehung des Bildes.
In einem separaten Teil der Ausstellung zeigen Studenten der Burg Giebichenstein Modeentwürfe und Videoinstallationen. Sie alle orientieren sich an Bildern von Klimt und nehmen sie zur Grundlage für eigene Werke.
Klimt ist in Halle angekommen
Die Ausstellung Klimt in Halle ist wahrlich eine Sensation und das aus mehreren Gesichtspunkten. Sie ist nur durch ein einzigartiges Zusammenspiel von Förderern und Liebhabern entstanden. Die riesige Versicherungssumme, die für die Bilder notwendig ist, wurde mit einer Landesgarantie versehen.
Die Ausstellung ist in ihrer Vielfältigkeit eine gelungene Retrospektive eines großes Künstlers, in der auch die wenig bekannten Seiten nicht fehlen. Die Ausstellung zeigt, wie sich Klimt in seinem künstlerischen Schaffen entwickelt hat und wie er zum Brückenbauer für die Kunst wurde. Er überführt die Kunst des 19. Jahrhundert ins 20. Jahrhundert. Er ist der Wegbereiter der Moderne und der Inbegriff des Wiener Jugendstils, der Wiener Sezession.
Nutzen Sie diese einmalige Chance, Klimt-Werke aus unterschiedlichen Schaffensperioden zu sehen. Gerade auch die Zeichnungen wurden bislang selten bis gar nicht gezeigt, wie die vier Zeichnungen aus der Chemnitzer Sammlung Gunzenhauser.
Der Ausstellung in Halle ist es gelungen, einen anderen Blick auf Klimt zu zeigen, abseits von den immer gleichen Motiven der Souvenirs.
Als Schlusswort möchte ich mich der Worte des sachsen-anhaltinischen Ministerpräsidenten Reiner Haseloff auf der Vernissage bedienen: „Wer nicht nach Halle kommt, muss nach Wien. Wer nach Wien fährt, sieht nicht all das, was er in Halle hätte sehen können.“
Also – nutzen Sie die einmalige Gelegenheit – fahren sie zu Klimt nach Halle!