Verehrte Leser, begleiten Sie uns heute auf eine Reise in die 20er Jahre. Dabei erwarten Sie Himbeeren mit Sahne im Ritz und ein Kleinod in der thüringischen Provinz – seien Sie gespannt.
Und wenn Sie nun einen Blogbeitrag über köstlichen Nachttisch erwarten, muss ich Sie leider enttäuschen. Ich stelle Ihnen das Buch Himbeeren mit Sahne im Ritz von Zelda Fitzgerald im passenden Ambiente der späten 20er Jahre – in der Villa Altenburg in Pößneck – vor.
Die Fitzgeralds – glamourös in den Untergang
Zelda und F. Scott Fitzgerald waren das Glamourpaar der 20er und 30er Jahre. Partys, ein ausschweifender, teurer Lebensstil, großer Glamour und ebenso große Skandale bestimmten ihr Leben. Der große Durchbruch für F. Scott Fitzgerald war der „Der große Gatsby“. Lange Zeit galt er als einer der bestbezahlten Autoren seiner Zeit. Dieser Umstand trug sicher dazu bei, dass viele der Kurzgeschichten von Zelda Fitzgerald unter seinem Namen erschienen. Die Verlage zahlten ihm ein wesentlich höheres Honorar (das sie bei ihrem Leben auch dringend benötigten). Das machte es Zelda Fitzgerald natürlich nicht leichter, sich gegen ihren berühmten Mann zu behaupten. Und auch wenn sie als die Glamourikone der 20er Jahre galt, scheiterte sie viel zu oft an den Umständen der Zeit, einer komplizierten Ehe oder auch an sich selbst. Ähnlich wie die Frauen in ihren Erzählungen.
Ihre große Liebe war der Tanz, doch diese Karriere musste sie frühzeitig beenden und als Schriftstellerin stand sie im Schatten ihres Mannes. Dass er sie als „drittklassige Schriftstellerin“ bezeichnetet, trug auch nicht zu sehr viel Selbstbewusstsein bei. Ihre Ehe war nicht lange glücklich. Schon Mitte der 20er Jahre waren Tristesse und Streitereien an die Stelle des Glamours getreten.
Zelda Fitzgerald – Himbeeren mit Sahne im Ritz
Erst jetzt erscheinen mit etlichen Jahren Verspätung 11 Erzählungen von Zelda Fitzgerald unter ihrem Namen in einer deutschen Übersetzung. Die erste Veröffentlichung der Storys war zwischen 1925 und 1932. Allen Geschichten ist der starke autobiographische Touch eigen. Zelda Fitzgeralds Heldinnen neigen zu einer gewissen Form der Extravaganz und natürlich ganz viel Glamour. Die Provinz und/oder ihr Leben ist ihnen viel zu eng und es zieht sie in die Welt, seien es die großen Städte oder auch die große Bühne. Das Leben ist für sie eine Art der Selbstinszenierung und die Mädchen aus den Geschichten tummeln sich eher bei Himbeeren mit Sahne im Ritz als in engen Wohnungen.
Unsere Einschätzung zum Buch
Die Gleichheit der Geschichten und Lebensumstände ist für mich auch der größte Schwachpunkt der Erzählungen. Auch wenn Zelda Fitzgerald durchaus einen großen Wortwitz hat, einige Passagen ganz wunderbar gezeichnet sind, verschwimmen alle Geschichten zu einer Einheit. Den einzelnen Geschichten fehlt das Alleinstellungsmerkmal und die Tiefe. Die Erzählungen hinterlassen das Gefühl, als wären sie ein immer gleiches Abbild des Lebens von Zeldas Fitzgerald. Letztlich dreht sich alles um die Suche nach Glück in Form eines Mannes mit möglichst mit Geld und Ansehen. Und dies ist gleichzeitig ihr großes Unglück. Das Leben außerhalb von Prunk und Glamour findet nur in kurzen Nebensätzen statt.
An Sommerabenden, wenn New York im blauen Dämmerlicht einer versunkenen Stadt gleicht, überquerte sie auf einer bogenförmigen Brücke wie auf einer drapierten Spitzenborte das Wasser, das Stenografinnen und amerikanische Kapitalistenfamilien voneinander trennt.
Zwar hat mich jede Geschichte durchaus gut unterhalten und ich mag die recht bildhaften Beschreibungen der Szenerie sehr, aber es fehlt das letzte Stückchen Tiefgang, der es wert ist, sich an die Geschichte zu erinnern.
So bleibt letztlich trotzdem ein unterhaltsames Buch, das sehr schön aufgemacht ist. Vom Cover über den lilafarbenen Leineneinband, die wohlausgesuchte Schrift bis hin zum passenden Lesebändchen ist es ein wunderbar aufgemachtes Buch, über das ich sehr glücklich bin.
Das passende Ambiente – Villa Altenburg in Pößneck
Die Fotos zur Rezension sind in einer Villa entstanden, die mich ebenso glücklich gemacht hat und eine wahre Entdeckung ist. Das Buch passt ganz wunderbar in die schöne Villa aus den späten 20er Jahren. Ich bin sehr froh, das wir dieses Kleinod gefunden haben, gerade auch, weil ich so etwas in der thüringischen Provinz, genauer in Pößneck, einer kleinen Stadt in der Orlasenke, nicht erwartet hätte.
Die Welt der späten 20er Jahre
Das heutige Hotel wurde als standesgemäßer Wohnsitz vom Verleger Ludwig Vogel 1928 errichtet. Die im neoklassizistischen Stil erbaute Villa und ist eher ein kleines Schloss als eine Villa. Umrahmt wird sie von einem weiträumigen Park, der zu gemütlichen Spaziergängen einlädt.
Auch wenn im Außenbereich gerade noch Baumaßnahmen stattfinden, bin ich vom Anblick jetzt schon wollkommen begeistert. Aber dann erst innen: hier erwartet uns ein behutsam und mit Liebe saniertes Haus.
Die Holzvertäfelung ist noch komplett erhalten, ebenso wie das Originalparkett und die Marmorkamine. In der Villa lebt der Geist von Ludwig Vogel weiter. Die Räume sind liebevoll mit seinen Fotos dekoriert, aber auch mit alten Heften der Zeitschrift, die er verlegte – Motor Sport.
Und selbst das Bier ist eine Neuauflage eines Bieres, das so in den 20er Jahren gebraut wurde – das Margaretenbier der ortsansässigen Rosenbrauerei.
Unser Fazit
Es war ein rundum gelungener Aufenthalt, vom Service, über das Essen bis hin zur Villa ist alles ein wunderbares Gesamtpaket und eines ist ganz sicher: wir kommen bald wieder.
Wir können Ihnen aus innerster Überzeugung die Villa Altenburg empfehlen und wünschen den neuen Betreibern ganz viel Erfolg mit diesem Konzept. Statten Sie der Villa unbedingt einen Besuch ab, wenn sie in der Umgebung unterwegs sind. Übrigens: es gibt nicht nur leckeres Essen, sie können hier auch ganz gemütlich übernachten.
Und um die Frage aus der Überschrift zu beantworten: ich würde natürlich die Himbeeren lieber in Pößneck genießen.
Das Buch Himbeeren mit Sahne von Zelda Fitzgerald ist im Manesse Verlag erschienen und kann bei Ihrem kleinen Buchhändler vor Ort bestellt werden.
Mein Outfit
Kleid und Cape – Gracy Q
Tasche und Hut – Vintage
Schal und Ohrringe in Petrol – Frieda & Elly by Modespitze Plauen / Design Viviana